Lagebericht V oder: Der Bayerische Abend und wie alles begann

Hochverehrtes Publikum, liebe Freunde,

seit Ende Juli sind wir in unserer neuen Wohnung und fühlen uns sehr wohl.
Noch ein paar Sätze zum Umzug. Am 28. 7. standen die Packer der vor der Tür! Eigentlich dachten wir, dass wir  bisschen Zeug mit unseren Autos von hier nach da bringen könnten! Hahahaha!!!! Wir konnten’s kaum glauben!
Unser Kleinkram ist von 10 Luftfrachtkisten auf 75 (in Worten: FÜNFUNDSIEBZIG) Umzugskartons (aber winzig kleine) + 6 Kleinmöbel + 10 Orchideen angewachsen.
Der Laster war voll!!
Jetzt ging’s an’s Auspacken. Unsere „Haushaltshilfe“ freute sich riesig über die Kartonagen und den ganzen Verpackungs-Müll und hat gleich geschäftig und lautstark rumtelefoniert. Kartons, Kunststoffe und Alu werden nämlich gesammelt und an die Wertstoffhöfe verkauft. Chinesen haben ein sehr feines, gut funktionierendes Netzwerk! Jeder kennt einen, der für irgendwas zuständig ist, der kennt wieder einen, der andere Beziehungen hat, der kennt wieder jemanden usw…… Tatsächlich waren in wenigen Minuten 2 „Netzwerk-Freunde“ da und haben das ganze Glump abgeholt und wir waren froh, dass es so schnell ging!

Den ganzen August verbrachte ich in Deutschland

Am 4. September war ich wieder auf dem Weg nach Shenyang! Mietwagen abgeben – easy!

Aber irgendwas muss mir ja passieren! Die Flugzeiten hab ich im Griff – am Gepäck muss ich noch arbeiten!
Ich muss vorausschicken, dass in der Holzklasse der Koffer nur 23kg wiegen darf – alles zwischen 23 und 32 kg kostet eine Pauschale von 100€!
Nachdem ich letztes mal schon 100€ für Übergewicht (von meinem Gepäck natürlich) bezahlt habe, wollte ich es diesmal ganz schlau machen!
Auf der Personenwaage zu Hause wog mein Koffer 24kg. Naja, die 2 kg werden sie mir schon durchgehen lasse. Alle schweren Sachen, wie Bücher, Zeitschriften und Schuhe hab ich im Handgepäck verstaut.
Beim Einchecken  wiegt der Koffer plötzlich 25,9kg (Hilfe! D.h. ich wieg auch 2 kg mehr, als angenommen!).
„Sie haben Übergewicht!“
„Ja, seit 20 Jahren!“ das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen, denn jetzt nahm es die Dame  am Schalter sehr genau!
„Ich meine ihren Koffer! Packen sie etwas davon ins Handgepäck, aber legen Sie es bitte zuvor noch auf die Waage, es darf 8kg wiegen!“
Sch……, meins wog 19 kg!
Auf die Tatsache, dass ich in China lebe und für mich 23+8kg einfach zu wenig sind, ging sie gar nicht ein.
„Was kann ich tun?“
„Haben sie noch Platz in ihrem Koffer?“
„Ja,“.
„Packen sie vom Handgepäck was rein! 100€ müssen sie sowieso zahlen!“
Zum Glück war ich zu diesem Zeitpunkt der einzige Passagier! Vom Boardcase in den Koffer heißt: alles umpacken! Unterwäsche, Käse, Kosmetik, Backmischungen, Salami – der ganze Plempel liegt gefühlte 5 qm rund um mich verstreut!
„Lassen sie sich ruhig Zeit! Außer ihnen ist niemand da!“
Ja Gottseidank!
Nach einer halben Ewigkeit wiegt der Koffer 31.9 kg, das Handgepäck 8 kg. Verbleiben immer noch 5 kg.
„Haben sie eine Handtasche?“
„Ja, meinen Rucksack!“ Den lässt sie als Handtasche durchgehen!
Ich stopfe die restlich 5 kg hinein – hoffentlich platzt er nicht – und – Hurra! – alles ist untergebracht!
Durchgeschwitzt und entnervt leg‘ ich im Duty Free noch schnell diverse Cremes und Düfte auf!

Der Platz neben mir in der Maschine bleibt frei und nach 2 Sekt, 2 Rotwein, einem Whisky und einer Schlaftablette, schlaf ich wie ein Baby!

Peter holt mich vom Flughafen ab und die Welt ist wieder in Ordnung!

…….und jetzt zurück zum bayerischen Abend und wie alles begann: Dazu muss ich ein bisschen weiter ausholen.

Am Tag meiner Abreise nach China am 11. Dezember 2012 erschien ein Interview von Peter T. Schmidt mit mir im Münchner Merkur.

Während meines unfreiwilligen Aufenthaltes am Frankfurter Flughafen (siehe Bericht: Angekommen) erhielt ich eine Mail von Hartmut Schaller, der mein Interview online gelesen hatte und mich in Shenyang auf’s Herzlichste begrüßte. Er schrieb, er sei General Manager von Sofitel-Shenyang-Lido-Hotel und würde sich freuen, mich und meine Mann zum Essen einladen zu dürfen. So weit so gut.

Andere Baustelle: Am 23. Dezember waren Peter und ich zu einem Hausgottesdienst (auch das gibt’s hier) eingeladen. Pfarrer Bauer, (gebürtiger Kölner) ist in Peking, Shanghai und Shenyang für die katholischen Gemeinden zuständig.
Hier hat mich Reinhard Althammer angesprochen: „Du bist doch von der Couplet-AG! Ihr habt mal im Werk Regensburg gespielt, daher kenn ich dich. Lass uns was machen. Ich bin Logistiker und organisier alles!“

Die erste „Arbeitssitzung“ war im Januar. Reinhard meinte, er kenne da einen sehr guten Gitarrenspieler und einen Praktikanten, der Ziach spielen und Gstanzl singen könne. Die Ziach  bringt er bei seinem nächsten Heimflug mit. Jetzt stellte sich nur noch die Frage nach einem Saal. Jawoll…. ich kenne den General Manager vom Sofitel, den fragen wir. Hartmut Schaller war begeistert und wir legten den Termin auf Juni fest.

Als ich im Januar/Februar in München war, traf ich mich mit Erwin Bohlig, Gerti Schermer und Peter Schmidt beim Griechen und erzählte von unserem Vorhaben. Peter Schmidt fand das so witzig, dass er gleich eine Glosse im Münchner Merkur verfasste.
Wieder in Shenyang, war alles unter Dach und Fach. Reinhard hatte während meiner Abwesenheit Musiker organisiert:
Stephan Sütterlin aus Amberg (Gitarrist und Sänger), Daniel Marr, Praktikant (Ziachspieler und Gstanzlsänger) und Manuel Ruby (Pianist am Flügel). Hartmut Schaller stellte uns den großen Ballsaal zur Verfügung.  Ich hatte aus München Noten und Texte aller bayerischen Wirtshauslieder, die ich finden konnte mitgebracht und stellte ein Programm zusammen, in dem ich auch Nummern aus meinem Repertoire spielte.
So schloss sich dann der Kreis.Kabarett Kulturschock

Unsere bunt zusammen gewürfelte Truppe verstand sich auf Anhieb und hatte schon während der Proben eine Mordsgaudi! Unsere Stimmen harmonierten, dass es eine Freude war!
Wir waren zuversichtlich, dass das Ganze recht lustig werden könnte. Reinhard hat die Moderation übernommen und Elfi Angerer die Werbetrommel gerührt!

„Dem Programm fehlte noch ein fetziger Titel. ‚Bayerischer Abend‘ hört sich gar so brav an!“
Reinhard’s Frau Astrid hatte die zündende Idee: „Wie wär’s mit: Kulturschock?“.
„Genau! Das isses!“

Dann war er plötzlich da, Sonntag, der 16. Juni! Wer mich kennt, weiß, dass ich immer leicht bis mittelschwer nervös bin! Dieser Abend hat alles Vergangene in den Schatten gestellt!
Nach diesem Abend sind wir bei den Expats bekannt wie bunte Hunde! Was, wenn die Zuschauer sagen: „So ein Schmarrn!“ oder: „Da hab ich aber schon was anderes erwartet!“
Solche und ähnliche Gedanken gingen mir durch den Kopf! Ich war kurz vorm Herzkasperl. Stephan, Daniel und Manuel strahlte eine Ruhe aus, das war unglaublich!
„Was soll denn schon passieren, die sind doch froh, dass endlich mal was los ist!“
So war’s dann auch!

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Viele  kamen in Lederhose und Dirndl.

Passend zum Thema hat der österreichische Koch ein bayerisches Schmankerl-Buffett hingezaubert, das sich sehen lassen konnte. Dazu floss Weihenstephaner Bier!

Es war soo schee!! (mehr Bilder…)

Wir starteten mit’m: „s’boarische Bier“,  „Herz mit Kartoffeln“, „Kathi von Obergiasing“, das „Chinesische Couplet“ von der Liesl Karlstadt, Gstazln, usw.
Das endgültige Schlussmitsinglied war: „Wer a Geld hat!“
Kabarett KulturschockÜber 200 Besucher! Ein Volltreffer!

Den Reinerlös haben wir karitativen Organisationen gespendet.
Mein Anteil ging an ICS (International Club of Shenyang, da bin ich Mitglied).
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Diese Organisation finanziert z.B. Augenoperationen an Kindern mit, oder kauft Spiel- bzw. Schulsachen für ein Waisenhaus. Eine wirklich gute Sache! Das war ein schönes Gefühl.

Die Nachfrage nach „Kulturschock! II“ ist groß!

Schau ma moi! Hab scho no was in der Hinterhand!

Das waren wieder mal Nachrichten aus dem Reich der Mitte!

Der Herbst ist traumhaft, aber wie ich gehört habe, geht’s mit dem „Winterwerden“ hier auch sehr schnell. Jetzt umgekehrt – vom Sommerbluserl in die Daunenjacke!

它很好, und frohe Grüße aus China

von Ihrer / Eurer

Annamirl

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Unsere neue Adresse:

Anna M. Spies
地址:中国辽宁省
沈阳市和平区长白二街
9-3号万科城
邮编:110166

Lage IV.

Hochverehrtes Publikum, liebe Freunde,

im Juli habe ich meinen Fuhrpark erweitert. Neben meinem Radl steht jetzt auch ein Auto in der Garage – nämlich ein BMW 320i.

Das ist er - der Autoschlüssel!
Das ist er – mein Autoschlüssel!

Ich habe ihn mit  meinem Mann bei BBA im Werk abgeholt und bin dann gleich  ALLEINE!!!!! im größten Freitags-Berufsverkehr, 16 km quer durch die Stadt, nach Hause gefahren. Auf Drängeln und lautes Schimpfen hab ich mich schnell eingestellt und kann bereits mithalten. Ständiges, kräftiges Hupen hab ich auch schon drauf. Rechts abbiegen darf man hier (außer es gibt einen Pfeil an der Ampel) grundsätzlich immer ohne anzuhalten, auch wenn die Fußgänger grün haben. Die müssen warten! Autos haben immer Vorfahrt! Neulich hab ich aus alter Gewohnheit beim rechts Abbiegen angehalten, das hat die Chinesen ganz fürchterlich irritiert. Sie sind verunsichert stehen geblieben, haben erschreckt von ihren Handys aufgeschaut und konnten mit der ihnen fremden Situation gar nicht umgehen. Wahrscheinlich haben sie gedacht, wenn sie auf der Straße sind, geb ich Gas und fahr sie über’n Haufen!
Was auch sehr  gewöhnungsbedürftig ist, dass keiner die Spur hält!
In Shenyang gibt’s keine Fahrkultur.
Wir vermuten das kommt daher, dass es hier lange keine Autos gab und dann plötzlich in kürzester Zeit in der Stadt fast jeder eines hatte. So konnte sich der Verkehr nicht entwickeln. Jeder Chinese meint, er müsse der schnellste sein und seine Sache sei gerade die wichtigste der Welt! So erklärt sich auch die hier sonst übliche Drängelei. Ganz kann ich die chinesische Fahrweise immer noch nicht einschätzen, aber des wird scho no! Jetzt werden sie aufg’mischt und dürfen sich warm anziehen, die Chinäsn!
Hurra ich bin unabhängig und in alle Richtungen mobil!

Dann war ich auch noch gut mit unserem Umzug beschäftigt!. Weil’s in unserer Wohnung schimmelte zogen wir am 28.7. nach Vanke (das ist ein Stadtteil auf der anderen Seite des Flusses) in eine neue, unmöblierte Wohnung. Erstbezug!

Das ist in unserem Schlafzimmer gewachsen:

Chinesische Schwammerl
Chinesische Schwammerl

Leider haben wir einen Abstieg vom 30. ins 19. Stockwerk gemacht, dafür haben wir einen kleinen Balkon!!

Blick aus unserer neuen Wohnung nach Süden
Blick aus unserer neuen Wohnung nach Süden

Möbelkauf ist in Shenyang gar nicht so einfach! Furniture City ist eine Straße nur mit Möbelhäusern, wo viele Einheimische kaufen. Das meiste hier ist Furnier- (wie der Name schon sagt) oder Plastik-Glump! Die exklusiven Möbel-Malls führen Luxus-Abteilungen, die nennen sich …

oder Abteilung: "Neuschwanstein"
oder Abteilung: „Neuschwanstein“
Sowas ist hier angesagt!
Sowas ist hier bei den reichen Chinesen angesagt!
.....dazu das passende Wohnzimmer
…..dazu das passende Wohnzimmer

Wenn man lange genug sucht, findet man jedoch auch etwas Vernünftiges!

Wer meinen Mann kennt, weiß, dass stundenlanges Rumlaufen in Möbelhäusern sein größtes Hobby ist. Nach 2 lächerlichen Stunden fängt er schon zu jammern an: „Ich kann keine Möbel mehr sehen!“ Oder: „Jetzt langt’s aber dann….“
Ich war viel unterwegs und hatte bereits eine Vorauswahl getroffen. Schließlich sind wir  fündig geworden! Eine Couch, italienisches Design, aber in China hergestellt. Farbe: weiß!! Hier sind wir ohne Kinder (entschuldigt bitte) und Hund, da bleibt sie voraussichtlich 3 Jahre weiß.

Bett und Nachttische sind aus Walnussholz, chinesisches Design. Lieferzeit 2 Monate – also – schliefen wir zur Überbrückung, wie in unserer Jugendzeit am Boden auf IKEA Matratzen.

Hier hat man übrigens, egal wie breit das Bett ist, immer nur eine Matratze und die ist (gefühlt) aus Beton. Das Bett, das wir hatten, war nur 1,60 m breit! Wenn sich einer umdreht, hebt’s den anderen in die Höh‘ oder man schnarcht sich direkt ins Ohr. Aus München sind wir 2 x 2 m gewöhnt. Hier gibt’s nur maximal 2 x 1,80 m Betten. Muss ich halt a bißl abnehmen!

Beim „Kinder“ bzw. Gästezimmer griffen wir auf das gute, alte IKEA zurück!

Sonntag Nachmittags geht man zum Mittagsschlaf zu IKEA
Sonntag Nachmittags geht man zum Mittagsschlaf zu IKEA

Ach ja, 5 Tage vor unserem Umzug hatten wir noch einen „Blackout“! Meine Mutter hat mich immer gewarnt: „Ihr seid’s im 30. Stock! Wenn da mal der Strom ausfällt!“
Dann war’s auf einmal soweit: Strom und Wasser wurden im ganzen Viertel von
00.00 Uhr – 18.00 Uhr, also für 18 Stunden abgeschaltet: D. h. kein Lift, keine Klimaanlage, keine elektrischen Geräte, kein Internet, kein Bad, keine Dusche, keine Toilettenspülung!!! – nix!
Da hätten’s doch in Gottes Namen noch eine Woche warten können, da wären wir schon in der neuen Wohnung gewesen!
Ich hab nur gedacht: „Hoffentlich hält die Gefriertruhe so lang durch!“
Mein Mann konnte zwar am morgen nicht joggen, dafür musste er die 30 Stockwerke (+3 Tiefgarage) runter laufen.

Für mich blieb eigentlich nur lesen oder stricken – wobei letzteres auch nicht einfach war, weil bei man bei 38° Hitze in der Wohnung so schwitzige Hände bekommt, dass die Wolle nicht mehr durch die Finger rutscht. Irgendwie hab ich den Tag schon rum gebracht.
Eines war von Anfang an klar: Wenn alle Ampeln außer Betrieb sind, geh (bzw fahr) ich nicht aus dem Haus! Der Verkehr ist mit Ampelschaltung schon schlimm genug!
Wir haben’s überstanden! Als mein Mann abends heim kam – befand er sich im 10. Stockwerk – als der Strom wieder eingeschaltet wurde. Die restlichen 20 konnte er den Lift wieder benutzen.

Jetzt mach ich mich an die Geschichte vom „Kulturschock!“, auf die der eine oder andere vermutlich schon wartet!

Soviel sei verraten:
War ein Volltreffer!

Demnächst mehr!

Noch was: seit geraumer Zeit hab ich Chinesisch Unterricht! Grausam – mehr sag i ned!!

Jetzt noch an Euch alle ein kräftiges gan bei (= Prost und heißt wörtlich übersetzt: Mach dein Glas trocken!). Die wichtigsten Wörter kann ich schon!

它很好, und frohe Grüße aus China

von Ihrer / Eurer

Annamirl

gan bei
gan bei